Moseltour nach Ernst

Die Geschichte der legendären Moseltour

Die Entstehung

IMG_0058Seit den frühen 60er Jahren fahren die männlichen Mitglieder des Vereins im August jeden Jahres nach Ernst an die Mosel. Es begann mit der Liebe eines Ochtendungers zu einem „Ernschter Mädche“, die Anlass zu einem Besuch des vier Kilometer moselaufwärts von Cochem gelegenen Moselörtchens gab. Schnell machten die Teilnehmer ein Geheimnis aus dieser Fahrt. Sie wurden gleich nach dem Eintreffen am Moselstrand „vergattert“, also verpflichtet, über alle Vorkommnisse und Erlebnisse der drei Tage striktes Stillschweigen zu bewahren. Dabei wurde auch das Fotografieren während dieser Zeit verboten und unter Sanktionen gestellt.

Lange Jahre ging es in der Zeit, als es in Ernst noch kein Weinfest gab, zu Fuß nach Bruttig. Dort fand auf dem Martplatz vor dem Rathaus das Bruttiger Weinfest statt. Es wurden in den frühen Nachmittagsstunden vom Bürgermeister mit einer Ansprache an seine lieben „Bruttschwer und Bruttscherinnen“ eröffnet. Der Weg von Ernst nach Bruttig war allerdings weit. So musste mehrmals Einkehr gehalten werden, um den gesunkenen Flüssigkeitsspiegel wieder auszugleichen. Am Ortseingang von Bruttig gab es die Gaststätte der legänderen Wirtin Thekla, die unser langjähriger Musikmeister Günter Bolzhauser noch aus seiner Zeit als Bürger von Bruttig kannte. Hier wurde immer wieder eingekehrt. Dabei konnte es vorkommen, dass die durstigen Schafsköpfe die Biervorräte der Wirtin vollkommen aufzehrten und die Wirtschaft trocken hinterließen. 

Der Prolog

Der Auftakt, der sogenannte „Prolog“ (entlehnt dem griechischen pro-logos = Vorwort, übertragen also:  die Einleitung) wurde lange Jahre im Gasthaus „zum fröhlichen Weinberg“ zelebriert. In einer feststehenden Reihenfolge, die streng eingehalten wurde und in die sich niemand einmischen durfte, spendierten zunächst die Senior-Schafsköpfe die Aufwärmtrinkrunden mit Bier und Korn. Erst später durften die jüngeren Schafsköpfe sich eine Runde auf ihren Deckel schrieben lassen. Während des Prologs findet auch die oben beschriebene Vergatterung meist durch den Präsidenten statt. 

Das Moseltourzelt

IMG_2612Äußeres Zeichen der Anwesenheit der Schafsköpfe ist das traditionell errichtete grün-rote Zelt, dessen Aufstellen jährlich mit dem amtierenden Bürgermeister von Ernst abgesprochen wird, der dann auch für eine rechtzeitige Mahd des Privat-Zeltplates der Ochtendunger Karnevalisten sorgt. Ansonsten besteht am Moselufer Zeltverbot. Die Schafsköpfe haben quasi ein Ausnahmerecht und sind bis zum heutigen Tage auch noch nie von einem Ordnungshüter wegen eines möglichen Verstoßes gegen Ruhe und Ordnung belangt worden.

Das Weinhaus „Zur Traube“

Die ersten Bettschläfer nahmen Quartier im Gasthaus „Zum fröhlichen Weinberg“ und im Winzerbetrieb Gansen. Mittlerweile – anfangs wegen der zu dieser Zeit noch sehr gehobenen Ansprüche der Ernster Hotellerie noch undenkbar – bewohnen fast alle Schafsköpfe Zimmer im Hotel „Zur Traube“. In dessen Wein- und Biergarten wird auch der traditionelle Prolog abgehalten. Der Zeltaufbau erfolgt im Anschluss an den Prolog und wird mittlerweile vom Nachwuchs vorgenommen. Die älteren Schafsköpfe haben seit einigen Jahren das Privilig, sich am Aufbau nicht beteiligen zu müssen. Sie nehmen sich dann eine kleine Auszeit, indem sie in der Konditorei Pollmann Kaffee und Kuchen genießen oder es sich in der Straußenwirtschaft Dax gut gehen lassen. Am frühen Abend trifft sich alles dann wieder am Zelt. 

 

Das Wochenendprogramm

Moseltour 2015

Geheimnis umrankt bleibt lange Jahre das Programm der jährlichen Moseltour. So viel darf verraten werden: Kultur spielt immer eine wichtige Rolle! Oft wird der weithin bekannte Ausflugstort Beilstein mit seiner altehrwürdigen Klosteranlage und den verwinkelten Gässchen per Ausflugsschiff besucht. Selbstverständlich ist das ein oder andere Mal auch ein Fußmarsch oder eine Busfahrt in das nahe gelegene Cochem angesagt. Aber auch neue Ziele wurden in den letzten Jahren eingeschlagen. Mit dem Besuch einer Brauerei oder einer Planwagenfahrt in Klotten wurde das Programm zur Freude aller erweitert. Im Jahr 2017 erfolgte der Besuch der Hängeseilbrücke „Geierlay“ und des Moselortes Senheim. 

Aber auch die Ernster Gastronomiebetriebe profitieren an dem Besuch aus der ferne. Oftmals stand samstags eine Weinprobe in einem Ernster Winzerbetriebes oder einem Restaurant auf der Tagesordnung. 

Die Mosel-Nottaufe und die Nr. 19

Bei den unzähligen Weinproben in den vergangenen 50 Jahren spielte nicht nur der Moselwein eine Rolle sondern auch die sagenumwobenen „Nr. 19“. Die von Haus aus auf das Korn trinken spezialisierten Schafsköpfe lernen in Ernst den Weinhefe kennen und lieben. Diese Spirituose hatte auf der Getränkekarte des zumeist aufgesuchten Kellert der Familie Ganser die oft zitierte Nr. 19.

Im Weinkeller von Karl Ganser entstand auch die Tradition der „Nottaufe“. Hier wurde erstmals 1986 ein Neumitglied des Vereins „notgetauft“. Dies sah man damals deshalb als erforderlich an, weil der neue Schafskopf am „Schluss“ der vergangenen Session aus beruflichen Gründen nicht teilnehmen und getauft werden konnte. Taufpatinnen gab es bei dieser Aktion selbstverständlich keine, da bei der Moseltour keine Damen anwesend waren. So sprangen ältere Moselfahrer als Taufpaten ein. Noch heute hat diese Taufe bestand. Mittlerweile wird jeder Moseltourfahrer, der das Erste mal ein Wochenende in Ernst verbringt getauft. Auch die Taufpaten werden in jedem Jahr vom Moseltourtaufkind aus den Reihen der Teilnehmer bestimmt. 

Grün und Rot steht ein Zelt an der Mosel…

IMG_2165Traditionell folgte auf den Prolog und den Zeltaufbau am Freitag ein gemütliches Beisammensein am rot-grünen Zelt in Moselnähe. Hier gab es in den Anfängen der Moseltour auch immer ein Lagerfeuer. Das Feuerholz wurde aus Ochtendung mitgebracht. Viele Ernster Bürger nutzten diesen Abend zum netten Beisammensein am Lagerfeuer. Sie brachten ihren Wein mit und oftmals auch Feuerholz. Diese Abende an der Flusslandschaft der Mosel mit ihrem herrlichen Blick inspirierte die Musiker unter den Schafsköpfen auch zu einem Lied das heute noch gerne gesungen wird:

 

Grün und Rot steht ein Zelt an der Mosel

Leise klingt der Wellen Spiel,

und die Schiffe, sie fahr´n auf der Mosel. 

Die Tradition des Freitagabends am Schafskopfzelt wird bis in die heutige Zeit fortgesetzt. Seit 2016 auch wieder mit Lagerfeuer. Es wird ein Grillabend veranstaltet an dem auch häufig „Ein-Tages-Mitfahrer“ teilnehmen. Am späteren Abend besuchen die länger Bleibenden in aller Regel das Festzelt. Besonders beliebt sind freitags und samstags das faszinierende Feuerwerk sowie der Einzug der Weingottheiten in das Festzelt. Völlig ausnahmsweise genießen die Ochtendunger dann einen Schluck Wein aus dem großen Weinkelch des Weingottes Bacchus.

Ausblick in die Zukunft

2016 MoseltourIm Jahr 2017 fahren die männlichen Schafsköpfe nun schon 55 Jahre nach Ernst. Zum 50-jährigen Jubiläum erhielt der Verein hierfür eine spezielle Ehrung durch den örtlichen Fremdenverkehrsverein. 

Eines scheint aber sicher zu sein: an dieser Tradition halten sie, wie an manch anderer ihrer Gewohnheiten, noch lange fest. Es wird dann immer wieder heißen:

Grün und rot steht ein Zelt an der Mosel…